Regal mit Gerichtsbücher

Ein Nießbrauch- und ein Wohnrecht sind sich sehr ähnlich, allerdings gibt es feine, aber bedeutsame juristische Unterschiede, die wir nachfolgend erläutern wollen.

Was ist ein Nießbrauch?

Grundsätzlich ist ein Nießbrauchrecht – oft verkürzt als Nießbrauch bezeichnet – ein Nutzungsrecht an fremden Sachen, Rechten, Immobilien oder Vermögen. Der Nießbraucher wird durch dieses Recht kein Eigentümer, darf aber aus dem ihm überlassenen Gut wirtschaftliche Vorteile ziehen. Das Verfügungsrecht verbleibt hingegen beim Eigentümer. Da der Nießbrauch sehr oft für Immobilien und im Zuge von verwandtschaftlichen Beziehungen angewendet wird, hieße das konkrete Beispiel:

  • Der Nießbraucher darf die Immobilie bewohnen. Er darf sie auch vermieten, also einen wirtschaftlichen Vorteil daraus ziehen, was ein wichtiger Unterschied zum reinen Wohnrecht ist.
  • Der Immobilienverkauf hingegen bleibt dem Eigentümer vorbehalten.

Ein Nießbrauch kann nicht ohne Weiteres beschränkt werden. Üblicherweise gilt er lebenslang. Achtung: Er muss nicht unentgeltlich erfolgen (siehe weiter unten)! Vielfach räumen ihn Kinder ihren betagten Eltern ein, die ihnen dafür schon zu Lebzeiten die Immobilie überschreiben. Diese wiederum können die Kinder dann beispielsweise beleihen und sogar veräußern, ohne dass ihre Eltern ausziehen müssten.

Es gibt viele weitere Szenarien für den Nießbrauch von Immobilien. Beispielsweise kann ein jüngerer Besitzer, dem die Insolvenz droht, die Immobilie auf seine (erwachsenen) Kinder übertragen, die ihm im Gegenzug den Nießbrauch einräumen.

Wenn er das unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erledigt, also lange vor der real absehbaren Insolvenz (beispielsweise weil er lange im Vorfeld einen geschäftlichen Niedergang durch einen veränderten Markt befürchtet oder weil er von einer schweren Krankheit mit drohender Berufsunfähigkeit betroffen ist), kann der Besitzer tatsächlich auf diese Weise die Immobilie für die Familie retten und gleichzeitig dort wohnen bleiben.

Was ist dagegen ein Recht auf Wohnen?

Rein praktisch und auf eine Immobilie bezogen sind zum Nießbrauch zunächst fast keine Unterschiede zu erkennen, denn auch hierbei darf die berechtigte Person in der Immobilie unbeschränkt wohnen. Das Recht wird wie beim Nießbrauch ins Grundbuch eingetragen und gilt lebenslang. Seine frühzeitige Aufhebung wäre nur in gegenseitigem Einvernehmen möglich.

Daran würde auch ein Verkauf der Immobilie nichts ändern. Der grundlegende Unterschied zum Nießbrauch besteht darin, dass der Wohnberechtigte keine wirtschaftlichen Vorteile aus der Immobilie etwa durch eine Vermietung ziehen darf. Beim Nießbrauch ist das hingegen möglich. Ansonsten genießt der Wohnberechtigte exakt dieselben Vorteile wie der Nießbraucher.

Welche Vorteile bietet der Nießbrauch?

Vorteile für den Eigentümer

  • Das Gut ist nach wie vor veräußerbar und beleihbar.
  • Es wird vererbt.
  • Sein Wert kann steigen.

Vorteile für den Nießbraucher und Wohnberechtigten

  • Es besteht ein lebenslanges Wohnrecht in der Immobilie.
  • Ein Verkauf ändert daran nichts.
  • Der Nießbraucher kann die Immobilie sogar vermieten, der Wohnberechtigte hingegen nicht.

Nießbrauch und Erbe

Da ein Nießbrauchrecht nicht vererblich ist, gehört er auch nicht zum Nachlass. Bei der Bemessung des Pflichtteilsanspruches spielt er daher keine Rolle. Ein anderer Fall ist die Schenkung zu Lebzeiten des Erblassers, der sich dabei das Recht auf Nießbrauch vorbehalten hat: Die Schenkung löst in diesem Fall einen Pflichtteilsergänzungsanspruch zugunsten der Pflichtteilsberechtigten aus.

Formen des Nießbrauchs

Es gibt beim Nießbrauch drei grundsätzliche Formen:

  • entgeltliche Nutzung
  • teilentgeltliche Nutzung
  • unentgeltliche Nutzung

Der Vorteil der uneingeschränkten, lebenslänglichen und grundbuchlich abgesicherten Nutzung bleibt natürlich trotz eines vereinbarten Entgeltes erhalten. Beim entgeltlichen Nießbrauch sind die Leistung (Überlassung zur Nutzung) und die Gegenleistung (Entgelt) ausgewogen.

Beim teilentgeltlichen Nießbrauch gleicht der Nießbraucher nur teilweise den Wert des gewährten Nießbrauchs aus. Beispielsweise zahlt er nur die Hälfte einer üblichen Miete. Beim unentgeltlichen Nießbrauch zahlt er entweder gar nichts oder weniger als 10 % des eigentlichen Nießbrauchwertes. Zu diesen Formen kommen juristisch definierte Arten des Nießbrauchs. Diese sind:

  • Quotennießbrauch: Der Nießbraucher erhält nur ein Nutzungsrecht für Teile des Nießbrauchgegenstands, also für eine bestimmte Quote. Der Begriff wird verwendet, weil sich Nießbrauch auch auf gänzlich andere Dinge als eine Immobilie beziehen kann, beispielsweise auf Fahrzeuge oder ein Vermögen. Im Falle der Immobilie könnte vereinbart werden, dass der Nießbraucher diese bewohnen, aber nicht das Grundstück nutzen darf.
  • Bruchteilnießbrauch: Davon spricht man bei der Nutzung eines Miteigentumsanteils. Angewendet wird diese Form beispielsweise, wenn ein Mietshaus mehreren Eigentümern gehört und der Nießbrauchgeber nur für seinen eigenen Anteil den Nießbrauch gewähren kann.
  • Vorbehaltsnießbrauch: Dieser wird im Zuge einer Eigentumsübertragung schon vor dem eigentlichen Eigentumsübergang gewährt.
  • Nachrangnießbrauch: Es wird für den Todesfall des Nießbrauchers ein nachrangiger Dritter (in der Regel ein Erbe) als Berechtigter für den Nießbrauch bestimmt. Das ist ein Sonderfall, denn normalerweise ist Nießbrauch nicht vererbbar.
  • Zuwendungsnießbrauch: Der Nießbraucher profitiert als Begünstigter von Vermietungen oder Verpachtungen des Grundstücks.

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